Geschichte des k.u.k.

Infanterie Regiment Nr. 73 "Württemberg"

Meine Familie im Habsburger Militär

Den ersten nachweislichen Bezug zum Militär fand ich in der Traumatrikel von Chisch, im Bezirk Traueintrag Christian Kummer 1804 Luditz. Dort heiratete Christian Kummer am 07.05.1804 als Soldat des "Löblich Ehrbachischem Regiment in der Major Compagnie".
Zwar wurde bereits 1769 eine einheitliche Nummerierung der Infanterie Regimenter eingeführt, allerdings wurde die Bezeichnung eines Regiment nur nach dem Namen des „Regimentsinhaber“ oft beibehalten. Wie hier das Infanterie Regiment 42, das auch noch 1804 nur als „Erbachisches Regiment“ genannt wurde nach dem Inhaber Graf Carl Eugen von Erbach-Schönberg.
Standesliste April 1790 Infanterie Regiment Nr. 42 Erbach Meine weiteren Forschungen nach Christian führten mich zu der Standesliste des Regiments Nr. 42 und dort ins Jahr 1790. Am 12 März 1790 trat Christian als Rekrut in die "Obristen"-Kompanie des Infanterie Regiment Nr. 42 ein. Im Jahre 1793 wird er als laufende Nr.56 Dienstgrad Gemeiner, in der Kompanie des Oberst Baron von Spiegel erwähnt.
1797 leistet es dann in der 1. Majors-Kompanie (Maj Felix v. Juch), immerhin schon als Gefreiter seinen Dienst. Im weiteren diente er noch in verschiedenen Kompanien, bis er am 11. August 1807 als "Inlands-Veteran" seinen Abschied nehmen konnte.
Österreichische Infanterie um 1804 Gemäß des seit 1771 bestehenden Konskriptionssystems waren die ausgelosten männliche Untertanen nahezu ein Leben lang verpflichtet, Wehrdienst zu leisten wenn der Landesherr Soldaten brauchte. Doch im Fall von Christian, konnte er nach 17 Jahren den Wehrdienst beenden. Es ist davon auszugehen, dass er an den verschiedenen Schlachten gegen Frankreich bei Stockach, in Ostrach und Biberach und vielen anderen Feldzügen mit dem Regiment Erbach teilgenommen hat. Er starb im Alter von 77 Jahren an Abzehrung in seinem Heimatdorf Amonsgrün.

Am 13. März 1866, wenige Monate vor der Schlacht bei Königgrätz, wurde mein Ururgroßvater Anton Pichl als 21-jähriger, nach vorhergehender Auslosung, vor die Assentierungskommission geladen. Diese Kommission bestand zu dieser Zeit aus einem Staatsbeamten, einem Zivilarzt, einem Stabs oder Oberoffizier, einem Militärarzt, einem Beamten aus dem Stellungsbezirk, dem jeweiligen Ortsvorsteher des Assentierungsortes und zwei gewählten Vertrauensmännern aus dem Bezirks als Zeugen. Alle Militärpflichtigen wurde vom anwesenden Militärarzt auf Tauglichkeit untersucht. Im Buch "Das k.k. österreichische Linien Infanterie Regiment" von August Dub, 1851, wird die Assentierung wie folgt beschrieben:

...und mit möglicher Beobachtung der Schicklichkeit ärztlich untersucht. Diese Akte müßen im Beisein sämmtlicher Kommissionsglieder stattfinden. Die Untersuchung der körperlichen Tauglichkeit der Militärpflichtigen hat der Militärarzt vorzunehmen; er hat bei jedem einzelnen Mann auszusprechen, ob er denselben zur Militärdienstleistung tauglich oder untauglich finde. Erklärt der Militärarzt den Untersuchten für tauglich, so findet keine weitere Verhandlung Platz und der tauglich Befundene wird assentiert.
Gemäß des Grundbuchblatts (eine Art Personalakte für Soldaten) wurde Anton mit einer Körpergröße von 62" Wiener Zoll (ca. 1,64 m) als tauglich befunden. Er wurde zum Dienst ins neu aufgestellte Infanterie Regiment 73 für 3 Jahre in Linie (aktiv) und 2 Jahre Reserve assentiert.
Wann er genau seinen Dienst antrat läßt sich nicht genau sagen, allerdings ist vermerkt, dass er im Juni 1866 sein Handgeld erhielt, so dass davon auszugehen ist, dass er ab diesem Zeitpunkt Soldat war - natürlich auch im Hinblick auf den Kriegszustand und die kurz bevorstehenden Schlachten in Jitschin und Königgrätz. Leider läßt sich nicht feststellen ob und wo er kämpfte, sicher ist nur dass er 1869 aus der Armee entlassen wurde. 1868 wurde in der Monarchie ein neues Wehrpflichtgesetz eingeführt, das für Anton einige Nachteile brachte. Seine Dienstpflicht in der Reserve wurde verlängert. Nach den Eintragungen in seinem Grundbuchblatt wurde die aktive Zeit bis Dezember 1869, die Reservepflicht bis Dezember 1876 und 2 Jahre Landwehrpflicht festgelegt.


Als er Ende Dezember 1869 aus dem aktiven Dienst enlassen wurde, kehrte er nach Sandau zurück und heiratet sofort am 25. Januar 1870 seine Josefa, die seit Jahren auf ihn wartete. Allerdings mußte hierzu eine Heiratslizenz beim Regiment beantragt werden, die auch dem Regimentskaplan vorgelegt werden mußte. Nach Prüfung aller Unterlagen (Geburts- und Taufeinträge in der Heimatpfarrei usw.) wurde das Gesuch genehmigt. Im Grundbuchblatt beim Regiment wurde eingetragen: "Geheiratet 1870 am 25. Jänner mit Josefa Ott in der Pfarrkirche zu Sandau nach II. Art". Dies bedeutete, dass Josefa nicht unter die Militärjustitz und Versorgung fiel und auch keinerlei Entschädigung im Falle eines "kriegerischen" Tode ihres Mannes erhielt. Das Gegenteil war die Heirat nach I. Art, welches eine Versorgung und verschiedene Privilegien für die Ehefrau und die Kinder vorsah, allerdings war dies beschränkt. Es durften bei der Infanterie pro 100 Mann nur jeweils 8 Mann nach I. Art verheiratet sein. Der Traueintrag in der Matrikel von Sandau lautet: "Pichl Anton, Strumpfwirker, k.k. Reserve Mann des 73. Infanterie Regiment Herzog von Württemberg".

Im Dezember 1873 wurde durch Kaiser Franz Joseph I. von Österreich-Ungarn eine Kriegsmedaille gestiftet. Die aus der Bronze erbeuteter Geschütze gefertigte runde Medaille war für alle Militärpersonen der k.u.k. Armee, die an mindestens einem Feldzug der vergangenen Jahre teilnahm. Auch Anton Pichl wurde 1874 damit ausgezeichnet.

Als am 31. Dezember 1876 die 7 Jahre Reservezeit beim k.u.k. Infanterie Regiment 73 endete, wurde Anton als Landwehrmann beim neuen Landwehr Bataillon 51 in Plan eingeteilt, welches zum Landwehr Infanterie Regiment 6 (Eiserner Sechser) aus Eger gehörte.
Anton Pichl war Vater von 9 Kindern und Strumpfwirker von Beruf. Er erlebte den 1. Weltkrieg als alter Mann und starb fast 79 jährig am 13. Januar 1924.


Der nächste Vorfahre den ich hier vorstellen möchte ist mein Urgroßvater Ludwig Pichl. 1881 geboren wurde er gemäß dem Wehrpflichtgesetz im Alter von 21 Jahren nach der Assentierung (Musterung auf Wehrtauglichkeit) am 11. April 1902 für Wehrtauglich eingestuft.
Ein Los bestimmte, in welche der beiden Wehrpflichtkategorien der Assentierte eingeteilt wurde. Für Ludwig beteutete seine Los Nr. 274/I eine Dienstpflicht von 3 Jahren aktiven Dienst (Nach 1912 wurde auf 2 Jahre reduziert), 7 Jahre in der Reserve und 2 Jahre Landwehr beim Infanterie Regiment Nr. 73.

Am 6. Oktober 1902 trat Ludwig seinen Dienst bei der 2. Feld-Companie im I. Bataillon des k.u.k. Infanterie Regiments Nr. 73 in Dalmatien an. Das gesamten I. Baon war im April des selben Jahres nach Cattaro in Süddalmatien verlegt worden. In der Donaumonarchie war es üblich, dass die Regimenter und Bataillone ständig ihre Standorte wechselten. Andere Bataillone des IR 73 verlegte in dieser Zeit, oft per Fußmarsch oder mit der Bahn, nach Wien, Theresienstadt, Prag, teilweise nach Innsbruck und nach Pilsen. Allerdings blieb in Eger immer ein Bataillon stationiert, das für die Verwaltung des Ergänzungsbezirkes (Rekrutierung) zuständig war.
Somit war Ludwig vom nördlichsten Teil der Donaumonarchie in den genau gegenüberliegenden südlichsten Teil versetz worden. Das I. Baon blieb während seiner gesamten Dienstzeit in dieser Region stationiert.
Im Juli 1904 wurde Ludwig nach Erreichung von 59 Trefferprozent zum Schützen ernannt und durfte gemäß "Bataillons Standesbefehl Nr. 7 von 1904" das Schützenabzeichen tragen.
Am 31.12.1905 endete die 3 jährige aktive Zeit und er wurde in den Stand eines "Infanterist Urlauber" versetzt. Er leistete in den darauffolgenden Jahren jeweils im August oder September immer wieder sogenannte Waffenübungen von etwa 14 tägiger Dauer beim Regiment.

Als im Juli 1914 die Nachricht über die Ermordung des Thronfolgers in Sajajewo bekannt wurde und man überall von einem möglichen Krieg sprach, war Ludwig Pichl verheiratet, Vater von 3 Mädchen und hatte einen kleine Korbflechterwerkstatt in Sandau. Am 25. Juli 1914 begann eine Teilmobilmachung der k.u.k. Armee. Auch das Infanterie Regiment 73 wurde eine Tag später alarmiert und moblisiert (Regiments Standesbefehl Nr. 26 von 1914) und es kam beim Ergänzungsbezirkskommando in Eger zu massenhaftem Einrücken von Wehrpflichtigen und Freiwilligen. Bis zum Abend des 28. Juli waren über 3000 Mann präsent. Auch Ludwig Pichl meldete sich am 27. Juli gemäß Aufforderung beim Regiment 73, mit dem er an den Feldzügen gegen Serbien und Rußland teilnahm und am 1. Mai 1915 zum Gefreiten befördert wurde.
Im Laufe des Jahre 1915 litt Ludwig immer häufiger an Herz-und Magenbeschwerden und wurde im November 1915 zur "Konstantierung der Dienstfähigkeit" ins k.u.k. Garnisonsspital 11 nach Prag beordert. Bis zur Entscheidung der Superarbitrierungs-Kommision (Kommission zur Überprüfung der Dienstfähigkeit) beurlaubte man ihn im Dezember 1915 und schließlich wurde er zum 29.12.1915 aus dem aktiven Dienst beim Regiment entlassen. Der Befund der Kommision lautete: "Invalid und Waffenuntauglich, zu Hilfsdiensten als diensttauglich, Verdichtung der rechten Lungenspitze".

Ihm wurde eine Invaliedenrente von 72 Kronen jeweils für ein Jahr gewährt. Als aber nach der bedingungslosen Kapitulation 1918 und Auflösung der gesamte k.u.k. Armee aus der Donaumonarchie die Tschechische Republik wurde, wurden jegliche Verpflichtungen gegenüber den ehemaligen deutschsprachigen Soldaten für nichtig erklärt.
Erst viele Jahre später wurde den ehemaligen k.u.k. Soldaten eine Ehrung zuteil. Am 21. Dezember 1932 wurde durch die österreichische Regierung,
eine Kriegserinnerungsmedaille an alle Personen verliehen die während des I. Weltkrieges Soldat der k.u.k. Armee waren. Und durch das allgemeine Zeitgeschehen wurde Ludwig, mehr zufällig, noch mit einer zweite Auszeichnung geehrt. Am 13. Juli 1934 wurde in Deutschland durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg anlässlich des 20. Jahrestages des Kriegsbeginns 1914 das "Ehrenkreuz des Weltkrieges" gestiftet und war eine militärische Auszeichnung für die Teilnehmer und die Hinterbliebenen von Teilnehmern des Ersten Weltkrieges. Kurz vor der Besetzung des Sudentenlandes wurde 1938 die Verleihungsbedingungen insoweit geändert, dass ab sofort auch an sudetendeutsche Weltkriegsteilnehmer damit ausgezeichnet werden konnten.

Und somit konnte Ludwig Pichl zwei Orden an seiner Brust tragen. Uniform trug er zum letzten mal als Wachmann während des 2. Weltkrieges bei der Wach-und Schließgesellschaft in Karlsbad und bei den Flugzeugwerken in Eger. 1946 wurde er aus seiner Heimat Böhmen vertrieben und starb am 11. Juni 1958 im Alter von 77 Jahren in Kulmbach/ Oberfranken.




Meinen Großvater Franz Kummer möchte ich auf einer gesonderten Seite darstellen. Sie erscheint in nächster Zeit.




Quellen: